Jenseits des Theaters – (Aktions-)„Kunst“ und die politische Differenz

Einleitung
Ausgangspunkt dieses Textes sind Erfahrungen, die ich im Zuge einer „Kunst“-Aktion Ende März 2013 machen durfte. „Kunst“ möchte ich in diesem Zusammenhang in Anführungszeichen setzen – nicht, weil ein künstlerisches Scheitern oder eine ironische Distanz markiert werden soll, sondern da dieses In-Anführungszeichen-Setzen bereits auf den Kern der theoretischen Auseinandersetzung verweist, die ich im weiteren Verlauf ausführen werde. Doch beginnen möchte ich mit einer Beschreibung dieser „Kunst“-Aktion.

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Habitat: Weltenräume, Spielräume

Unterwegs im Gehäuse
Nach acht Monaten Reise durch das All schwenkt die bemannte Raumkapsel in die Umlaufbahn um den Mars ein. Nun wird das Landungsmodul in Betrieb genommen. Zwölf Tage später wird dieses Modul vom Mutterschiff abgekoppelt. Nach einem kurzen Flug landet es auf der Marsoberfläche. Am 14. Februar 2011 betreten der Russe Alexander Smolejewski und der Italiener Diego Urbina als erste Menschen den Mars. Im Orbiter, der um den Mars kreist, verfolgen die restlichen Teilnehmer der Marsexpedition diesen bedeutenden Schritt am Bildschirm.

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Monster. Das Monströse als Denkfigur in künstlerischen Schaffensprozessen.

Die folgenden Gedanken und Gedankenspiele fanden ihren Ursprung in der Arbeit zur Performance „Saga“, die ich im Sommer 2012 mit Marcus Doverud und Tom Engels erarbeitet habe. Diesem Arbeitsprozess lag die Denkfigur des Monsters zu Grunde; es war eine Suche nach einer monströsen künstlerischen Strategie, aus welcher heraus sich Fragen entwickelt und Themenfelder abgezeichnet haben, denen ich mich im Folgenden nähern und diese dadurch zur Diskussion stellen möchte.

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WESTEND

Als Einar Schleef am 21. Juli 2001 starb, war ich im 2. Semester und kannte seinen Namen nur vom Hörensagen, eine Inszenierung hatte ich nie gesehen. Ich hatte jedoch das Glück, an einem Experiment teilnehmen zu können, das den Versuch unternommen hat, Schleefs Theaterauffassung erfahrbar zu machen. Es zielte allerdings nicht darauf ab, seinen Formenkanon eins zu eins nachzustellen, sondern sich in der Form zu bewegen, die Schleef wohl am meisten bewegt hat: in der des Chores. Resultat dieses Experiments war die Chortheater-Produktion WESTEND.

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Hand in Hand durch den Text – Zur Zusammenarbeit von Elfriede Jelinek und Einar Schleef

Ein Gespräch mit der Dramaturgin Rita Thiele

Alexander Kerlin: Frau Thiele, im Team von Claus Peymann haben Sie in den neunziger Jahren bis 2001 am Wiener Burgtheater und am Berliner Ensemble als Dramaturgin gearbeitet. Im Kontext verschiedener Arbeiten sind Sie dort auch Elfriede Jelinek und Einar Schleef begegnet. Wie haben Sie Herrn Schleef, wie Frau Jelinek kennengelernt?

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Das Bergwerk Einar Schleef: Hören & Sehen

Auf dem Videomitschnitt von den Proben Einar Schleefs zu Macht nichts. Eine kleine Trilogie des Todes von Elfriede Jelinek spricht Schleef Sätze aus dem Monolog DER WANDERER. Das ist ein alter Mann, der nichts anderes kann als wandern bis zum Umfallen. Ein Jedermann auf dem Weg, den wir alle gehen. Bei Jelinek ist der Wanderer „ein halber Mensch (aus) einem halben Haus“, ein halbfertiger, fertig gemachter, vielfach gedemütigter, ängstlicher, vielleicht bettnässendender alter Mann mit einer Neigung zum Philosophieren und einer flackernden Phantasie. Jetzt traut er sich etwas und ist unterwegs just auf dem Weg, den ein jeder geht.

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Bruchstücke zur Politik des Chors bei Einar Schleef

1. Der Raum des Chors: Die Leerstelle

Etwas fehlt. Und offensichtlich länger schon. Vor genau 200 Jahren beklagt Schiller im Vorwort zurBraut von Messina den, am Vorbild einer idealisierten Antike gemessenen, Zerfall und Verlust des öffentlichen Lebens:
Der Palast der Könige ist jetzt geschlossen, die Gerichte haben sich von den Toren der Städte in das Innere der Häuser zurückgezogen, das Volk selbst, die sinnlich lebendige Masse, ist, wo sie nicht als rohe Gewalt wirkt, zum Staat, folglich zu einem abgezogenen Begriff geworden, die Götter sind in die Brust des Menschen zurückgekehrt.

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Am Anfang ist das Fest –Theater als Raum von Geschichte

Einige Anmerkungen zur Aufführung der SALOME in Düsseldorf

Am Anfang war das Fest. Kein Wort fällt bei der Huldigung an den Herodes Antipas. Keine naturalistische Illustration bebildert das Geburtstagsfest, zu dem die Ersten Galiläas gebeten sind. Keine psychologische Deutung setzt ihre unterschiedlichen Seelenlagen ins Bühnenlicht. Bloßes Zeremoniell. Statuarisch. Ein Standbild. Das Schweigen eröffnet die Inszenierung der Salome in Düsseldorf. Ein Schweigen zu Ehren der Majestät – des Herrschers Herodes Antipas. Eine Zeremonie, die das Gewicht der Macht spürbar werden läßt und das Publikum zutiefst in Unruhe stürzt. Nach zehn- bis fünfzehnminütigem Schweigen ist die Audienz beendet. Die Zuschauer werden in die Pause entlassen. Im Foyer wird debattiert. „Geschnattert“, sagte Schläfe.

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Raumteiler

Vortrag, gehalten im November 2004 auf einer Tagung zu Einar Schleef im Ringlokschuppen Mülheim an der Ruhr

1. In Sangerhausen habe ich über den Chor als Wohnfunktion gesprochen und eine Architektur des Chores beschrieben, die dem Gegensatz von Innen und Außen folgt. Ich habe das erläutert anhand eines Textes von Schleef über den Auszug aus seinem Elternhaus. Der Chor als Wohnfunktion bleibt auch weiterhin Thema, es geht jedoch nun nicht mehr nur um die Bewohner eines Hauses, sondern um die von Dörfern und Städten.

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Einar Schleef – Die Wiedergeburt des Chores als Kritik des bürgerlichen Trauerspiels

1. Das Verschwinden der Frau aus dem tragischen Konflikt / Der Untergang des Chores in der deutschen Klassik

Einar Schleefs Überlegungen zum Theater, die er in Droge Faust Parsifal zusammengefaßt hat, rücken zwei Aspekte ins Zentrum: Das Verschwinden der Frau aus dem tragischen Konflikt der Stücke seit der Weimarer Klassik und den Chor als theatrale und politische Form. Diese beiden Themenkomplexe sind innig miteinander verbunden, da die Frau in der griechischen Tragödie, so Schleef, eine große Rolle bei der Konstitution des Chores gespielt hat, während seit der Deutschen Klassik der Chor sich gerade durch den Ausschluß der Frau konstituiert.

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Proszenium, Orchestra und Orchester. Zur Topographie fragiler Theaterorte

Einar Schleefs Chortheater weist als grundsätzliche Befragung des Theaterraums auf ein Paradox hin, das dem europäischen Theater von Beginn an eingeschrieben scheint: Dem Chor als erster Figur des Theaters scheint in diesem kein eigentlicher Ort zuzukommen.Schleefs Arbeit an diesem Paradox soll im folgenden an vier exemplarischen Punkten nachgezeichnet werden: an seiner analytischen Beschreibung der tragischen Bühne als Szene ,VOR DEM PALAST‘, an der Fragilität der theatralen Orte in der Inszenierung Ein Sportstück, an der Definition des Orchesters als Chor in der Inszenierung Der Golem in Bayreuth und an Schleefs Wagner-Rezeption und dem Problem des Orchestergrabens.

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“Mitteilbarkeit” und “Exponierung” – Zu Walter Benjamins Auffassung des “Mediums”

1. Ursprung des Mediums: “Mitteilbarkeit” Walter Benjamin gilt heute nicht nur als einer der innovativsten Kritiker des 20. Jahrhunderts, sondern auch als ein bahnbrechender Denker der modernen Medien. Wie es dazu kam ist eine Frage, die mehr als bloß biographisches Interesse hat. Denn – so meine Hypothese – Benjamins Einsichten in die neuen Medien – Film, Radio, Photographie – kamen aus seiner Beschäftigung mit den “alten” Medien. Darunter verstehe ich nicht nur die bildenden Künste und die Literatur, sondern auch abstraktere “Medien” wie Zeit, Raum und Sprache, die vor allem von der Philosophie thematisiert und reflektiert worden sind. 

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Die Katastrophe als Prämisse. Über Darstellen ‚nach Auschwitz’ anlässlich der STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SEELE

In Weimar am Theater zu arbeiten heißt, sich über die Konventionen von Metaphern anders auseinander zu setzen als anderswo. Das liegt an Buchenwald. Der Allpräsenz dieser deutschen Geschichte entkommt in Weimar niemand, schon gar nicht auf dem Theater. Wenn man ein Zug-Geräusch in irgendeine szenische Situation einbaut, sind es die Züge ins Lager, wenn man auf den Eisernen Vorhang Feuer projiziert, sind das die Öfen. Ob man das so verstanden wissen will, ob man das meint oder nicht. Das ist so. Es liegt also nahe, sich mit Buchenwald auch bewusst auseinander zu setzen, sich diesem Ort auszusetzen und das Gespräch darüber, die Begegnung, nicht nur punktuell, sondern kontinuierlich zu suchen. Weiterlesen