Philipp Schulte
Hölle ist nur ein Wort, ein religiöses Konzept der Bestrafung, ein Jahrtausende altes und entsprechend assoziationsreiches Symbol – etwas, das man sich vorstellen und das man darstellen können muss, weil es nur dadurch existiert, dass man es sich vorstellt und dass man es darstellt. Konzentrationslager dagegen sind eine Realität. Nur wer sie am eigenen Leib erlebt hat und sich erinnern kann, kann eine Vorstellung davon haben, wenn überhaupt. Die Vorstellungen aller anderen müssen scheitern; Versuche der Darstellung, welche ein größtmögliches Maß an Authentizität anstreben, sind mindestens anmaßend. Doch wenn wir nicht vergessen wollen, müssen Vorstellungen wach gehalten, Darstellungen gewagt werden. Das ist die Hypothese, der hier nachgegangen werden soll: Es kann keine angemessene Darstellung der Realität der Konzentrationslager geben; es gibt aber durchaus Künstler – Imre Kertész ist einer von ihnen –, denen es gelungen ist, Formen der Darstellung zu finden, die sich dadurch auszeichnen, dass sie die eigene Unangemessenheit reflektieren und ihre Naivität ausstellen.
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