Naivität als Möglichkeit: Überlegungen zur Undarstellbarkeit der Holocaust-Realität

Hölle ist nur ein Wort, ein religiöses Konzept der Bestrafung, ein Jahrtausende altes und entsprechend assoziationsreiches Symbol – etwas, das man sich vorstellen und das man darstellen können muss, weil es nur dadurch existiert, dass man es sich vorstellt und dass man es darstellt. Konzentrationslager dagegen sind eine Realität. Nur wer sie am eigenen Leib erlebt hat und sich erinnern kann, kann eine Vorstellung davon haben, wenn überhaupt. Die Vorstellungen aller anderen müssen scheitern; Versuche der Darstellung, welche ein größtmögliches Maß an Authentizität anstreben, sind mindestens anmaßend. Doch wenn wir nicht vergessen wollen, müssen Vorstellungen wach gehalten, Darstellungen gewagt werden. Das ist die Hypothese, der hier nachgegangen werden soll: Es kann keine angemessene Darstellung der Realität der Konzentrationslager geben; es gibt aber durchaus Künstler – Imre Kertész ist einer von ihnen –, denen es gelungen ist, Formen der Darstellung zu finden, die sich dadurch auszeichnen, dass sie die eigene Unangemessenheit reflektieren und ihre Naivität ausstellen.

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Die Wunde in der Darstellung

Im Zentrum des nachfolgenden Artikels stehen Überlegungen zum Zusammenhang von Shoah und Darstellung. Mit Emmanuel Lévinas, Jean-Luc Nancy und Giorgio Agamben möchte ich drei theoretische Positionen einer Ethik der Undarstellbarkeit bzw. Unsagbarkeit vorstellen, in deren Kern das Paradox steht: man kann nicht darstellen, muss aber darstellen. W. G. Sebalds AUSTERLITZ und Art Spiegelmans MAUS möchte ich anschließend auf ihre Strategien hin untersuchen, mit diesem Paradox umzugehen.

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Am Ende bleiben Touristen: Robert Thalheims AM ENDE KOMMEN TOURISTEN und Giorgio Agambens WAS VON AUSCHWITZ BLEIBT

 Robert Thalheims Film AM ENDE KOMMEN TOURISTEN aus dem Jahr 2007 absolviert der deutsche Abiturient Sven Lehnert seinen Zivildienst in der Mahn- und Gedenkstätte Auschwitz in Oświęcim, einer Kleinstadt in Polen. Der Film eröffnet mit Svens Ankunft in Oświęcim und begleitet ihn bei seinen Aufgaben in der Jugendbegegnungsstätte und bei seinen Aktivitäten außerhalb der Gedenkstätte. Während seines Aufenthalts wird er mit den unterschiedlichen Lebensrealitäten konfrontiert, die mit Auschwitz und Oświęcim zusammenhängen…

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Die Welt als Bild und Vorstellung: Wagners Bayreuth und Ring in Stuttgart 2000

Der Artikel befasst sich mit den Prozessen von kultureller Erinnerung, die im Raum des Theaters mittels intermedialer Bildpraxis produziert, reflektiert und modifiziert werden. Es wird gezeigt, dass Bilder gleichsam als Nomaden in den unterschiedlichsten Kontexten außerhalb und innerhalb des Mediums Theater zur Erscheinung kommen können. Da diese Bilder auch als ‚zu erinnernde Bilder’ aus dem Gedächtnis zu verstehen sind, nehmen wir exemplarisch eine Inszenierung in den Blick, die mit Bildern arbeitet, welche dem Leser potentiell erinnerbar oder vorstellbar sind: die 1998 – 2000 realisierte Stuttgarter Inszenierung von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“.

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Von Auschwitz schweigen: Sprachlosigkeit und Shoah

Die vielen Versuche der Darstellung der Shoah scheinen dafür zu sprechen, dass das Argument der Undarstellbarkeit sich nicht auf die Kompetenz zur Darstellung bezieht, sondern auf deren Angemessenheit und die Möglichkeit einer umgreifenden Gesamtdarstellung, welche die Shoah in Gänze fassbar und begreiflich machen könnte. Shoah ist insofern darstellbar, als Aspekte der Shoah sehr wohl dargestellt werden können; die Shoah aber, die Gesamtheit des Phänomens, ist undarstellbar. Weiterlesen

Editorial

Zu dieser Ausgabe
Die Beiträge der neuen Thewis-Ausgabe théôria, der ersten seit 2010, sind aus einer studentischen Tagung am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen (ATW) hervorgegangen. Damit folgt auch diese Ausgabe dem Ziel, das die Online-Zeitschrift der Gesellschaft für Theaterwissenschaft seit ihrer Gründung im Jahr 2004 verfolgt: Thewis soll ein Forum für die Beiträge des theaterwissenschaftlichen Nachwuchses sein, für fortgeschrittene Studierende und Doktoranden, die über den Kontext von Seminaren hinaus eine Öffentlichkeit für ihr Nachdenken über das Theater suchen.

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Die Kunst mit der Wirklichkeit betrügen

Man muss wohl davon ausgehen, dass die, die den Spruch Bild dir deine Meinung erfunden und ausgewählt haben, um die Ironie des Satzes wissen. Und er verfehlt seine Wirkung nicht. Er beweist Selbstironie und in seiner Ironie Reflektiertheit und Witz. Die erste Reaktion ist Erleichterung: endlich ist die Bild-Zeitung mal ehrlich, endlich ist sie selber ehrlich mit dem, was sie tut.

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“Ich habe heute leider kein Foto für dich”- Gedanken zu GNTM, Jungen-Mädchen, Subjekten und Fotos

Einer der Impulse für diesen Vortrag war ein Satz/Sprechakt/Urteil aus der ProSieben-Produktion Germany’s Next Topmodel: „Ich habe heute leider kein Foto für dich“ und das Pendant „Hier ist dein Foto“ bezeichnen die Logik und Auswahlstruktur der Castingshow, sind die dramaturgischen Rituale jeder Episode. Ausgehend von dieser Metapher stelle ich Überlegungen dazu vor, was ein Mädchen sein könnte, was ein Foto sein könnte, was ein Subjekt sein könnte und wie diese Fragen in unserer zeitgenössischen Umgebung zusammenhängen könnten.

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Subalternität als Notwendigkeit – Jérôme Bels Pichet Klunchun and myself

Theater und Postkolonialismus
Theater- und Tanzproduktionen, die sich zuweilen als interkulturell, zuweilen als multikulturell bestimmen, sind immer in mindestens doppelter Weise an das Problem der Repräsentation gekoppelt: zum einen im Rahmen des Theaters als Repräsentationsmaschine, die nicht nur repräsentiert, sondern diese Repräsentation zugleich vorführt, und zum anderen im Sinn der Repräsentation fremder, das heißt für unser Verständnis: außereuropäischer Kulturen.

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Jenseits des Theaters – (Aktions-)„Kunst“ und die politische Differenz

Einleitung
Ausgangspunkt dieses Textes sind Erfahrungen, die ich im Zuge einer „Kunst“-Aktion Ende März 2013 machen durfte. „Kunst“ möchte ich in diesem Zusammenhang in Anführungszeichen setzen – nicht, weil ein künstlerisches Scheitern oder eine ironische Distanz markiert werden soll, sondern da dieses In-Anführungszeichen-Setzen bereits auf den Kern der theoretischen Auseinandersetzung verweist, die ich im weiteren Verlauf ausführen werde. Doch beginnen möchte ich mit einer Beschreibung dieser „Kunst“-Aktion.

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Habitat: Weltenräume, Spielräume

Unterwegs im Gehäuse
Nach acht Monaten Reise durch das All schwenkt die bemannte Raumkapsel in die Umlaufbahn um den Mars ein. Nun wird das Landungsmodul in Betrieb genommen. Zwölf Tage später wird dieses Modul vom Mutterschiff abgekoppelt. Nach einem kurzen Flug landet es auf der Marsoberfläche. Am 14. Februar 2011 betreten der Russe Alexander Smolejewski und der Italiener Diego Urbina als erste Menschen den Mars. Im Orbiter, der um den Mars kreist, verfolgen die restlichen Teilnehmer der Marsexpedition diesen bedeutenden Schritt am Bildschirm.

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Monster. Das Monströse als Denkfigur in künstlerischen Schaffensprozessen.

Die folgenden Gedanken und Gedankenspiele fanden ihren Ursprung in der Arbeit zur Performance „Saga“, die ich im Sommer 2012 mit Marcus Doverud und Tom Engels erarbeitet habe. Diesem Arbeitsprozess lag die Denkfigur des Monsters zu Grunde; es war eine Suche nach einer monströsen künstlerischen Strategie, aus welcher heraus sich Fragen entwickelt und Themenfelder abgezeichnet haben, denen ich mich im Folgenden nähern und diese dadurch zur Diskussion stellen möchte.

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